Über uns

Vom 19. bis 21. April 2024 organisieren wir in Berlin-Kreuzberg eine Feministische Buchmesse. Hier erklären wir kurz warum wir das machen, wer wir sind und wovon wir eigentlich sprechen, wenn wir „Feminismus“ sagen:

Warum eine feministische Buchmesse? 

Von der Feministischen Buchmesse erhoffen wir uns einen Moment der Ermutigung, der Diskussion und der Organisation. Sich aus feministischer Perspektive gegen Staatlichkeit und Kapitalismus zu wehren und andere Formen von Beziehungen zu knüpfen, ist ein unüberschaubar großes und herausforderndes Projekt. Angesichts der großen Lücke in unseren Leben, die dort klafft wo eine feministische Bewegung uns stärken und tragen sollte, wirkt dieses Projekt in Deutschland im Jahr 2024 in jeder Hinsicht utopisch. Wir hoffen Ihr habt Lust, die Feministische Buchmesse als Ort zu nutzen, Euch mitzuteilen und anderen zuzuhören. Und natürlich wollen wir, zusammen͜͜͜-spannende Bücher entdecken, die uns inspirieren, bilden und stärken.

Aber gab’s das nicht schon?

Bücher sind und waren ein zentrales Medium für linke und für feministische Bewegungen. Linksradikale oder anarchistische Buchmessen fanden und finden in vielen Städten im deutschsprachigen Raum statt. In Berlin blicken die Linken Buchtage auf eine nunmehr 20-jährige Geschichte zurück, die BücherFrauen, als Netzwerk von Frauen in der Bücherbranche, schon auf eine 23jährige Geschichte. Von den BücherFrauen initiiert fand Anfang Mai 2023 die erste Feministische Buchwoche statt. Queeres Verlegen, nannte sich die feministische Buchmesse, die in den Jahren 2015-2019 in Berlin stattfand. Dass sich Literatur, Theorie und Fragen rund ums Verlegen nicht nur auf das Format Buch beschränken, zeigen die Queeren Zinefeste, die seit 2017 jedes Jahr in Berlin, aber auch anderen Städten, stattfinden. Während wir mit der Organisation dieser Messe begannen, feierte im Frühjahr 2023 in Hamburg, die Performative Buchmesse ihre Premiere, bei der mit neuen Formaten experimentiert und wichtige Fragen gestellt wurden – z.Bsp.:  »Wer würde was wie veröffentlichen, wenn es dazu tatsächlich freiere Zugänge gäbe? Welche politisch-progressive Schlagkraft kann im Spekulieren und Geschichtenerzählen entwickelt werden? Braucht man Literatur, um Revolution zu machen?«

Als bibliophile Feminist*innen freuen wir uns über diese Vielfalt an Veranstaltungen. Und wir haben Lust auf mehr! Lust vor allem, das bewährte Format einer Buchmesse zu nutzen, um eine revolutionäre, intersektionale und queer-inklusive feministische Perspektive zu stärken.

Auf Lesungen und in Diskussionen möchten wir, gemeinsam mit Aktivist*innen und Gruppen, Bücher vorstellen, die wir für unser Nachdenken über revolutionären Feminismus bereichernd finden. Das sind Bücher aus und für die Bewegung, Erzählungen, die in Auseinandersetzung mit patriarchalen Strukturen entstanden sind und die uns Facetten von Erfahrungen und Kämpfen zeigen.

Der Feminismus, den wir meinen

Unser Feminismus ist revolutionär. Das heißt u.a., dass unser Feminismus die Befreiung aller Menschen von den Zwängen und der Gewalt des Patriarchats meint und dass er die Freiheit in der Auflösung des patriarchalen binären Geschlechtersystems erkennt. Wir sehen in den verschiedensten Gewalt- und Machtstrukturen, die sich gegen weibliche, feminine und queere Identitäten richten, eine patriarchale Unterwerfungslogik, gegen die wir kämpfen. Das heißt für uns auch: Feminismus muss antikapitalistisch sein.

Intersektional bedeutet für uns und im Zusammenhang mit der Buchmesse, dass wir die Vielschichtigkeit von Unterdrückungsformen anerkennen möchten. Das Patriarchat wirkt sich nicht in gleicher Weise auf unsere Leben aus. Unsere individuelle Position innerhalb einer rassistischen, antisemitischen, kapitalistischen, ableistischen und ageistischen Gesellschaft lässt uns unterschiedliche Handlungsräume. Da historisch die Perspektive eines weißen, euro-zentristischen, cis-geschlechtlichen und säkularen Feminismus als Norm über andere Positionen erhoben wurde, ist es besonders wichtig, die Vielfalt von Erfahrungen und feministischen Positionen zu betonen. Bisher marginalisierte Personen und Positionen verdienen besondere Unterstützung und Anerkennung von denen von uns, die bisher von Ausschlüssen profitiert haben. Dabei ist uns wichtig, uns als Verbündete in einem gemeinsamen feministischen Projekt zu sehen und wertzuschätzen. Dazu gehört für uns auch: trans Frauen sind Frauen und Sexarbeit ist Arbeit! Wir wollen voneinander lernen und gemeinsam kämpfen.

Aufgrund der erschreckenden Ausbreitung trans-feindlicher Aussagen, Handlungen und Organisationen, auch unter dem Label des Feminismus, möchten wir zu diesem Thema deutlich sagen: Feminismus, als anti-patriarchale Perspektive und Handlungsweise, ist für uns per se queer-inklusiv. Zwar führen cis-Frauen und gender-queere Menschen, aufgrund unserer unterschiedlichen Erfahrungen und den verschiedenen erlebten Formen patriarchaler Unterdrückung, nicht immer die gleichen Auseinandersetzungen. Doch wir teilen das Bestreben uns frei bewegen, entwickeln und ausdrücken zu können und den Wunsch, frei von Gewalt und Fremdbestimmung zu leben, ja zu überleben. Das vereint uns in unserer Gegner*innenschaft gegen die Personen und Strukturen, die uns unterdrücken, verletzen und töten. Anzunehmen, dass unsere Kämpfe um Emanzipation sich gegenseitig ausschließen, behindern oder untergraben, vergisst, wo und bei wem das eigentliche Problem liegt. Wer gender-queeren Menschen ihre Identität und Existenz abspricht, reproduziert selbst menschenfeindliche und patriarchale Denk- und Handlungsweisen.

Auf der Buchmesse sind transfeindliche Aussagen und Handlungen daher nicht toleriert. Gleichzeitig wollen wir auch niemandem, aufgrund von Aussehen oder Alter eine transfeindliche Haltung unterstellen. Den Personen, die seit Jahrzehnten in Frauen- und Lesbenzusammenhängen antipatriarchale Kämpfe führen, sind wir in Wertschätzung und Dankbarkeit verbunden.

Disclaimer: Verlage und Projekte werden eingeladen, weil sie bereichernde Arbeit für eine feministische Bewegung leisten. Während die in Lesungen vorgestellten Bücher sorgsam ausgewählt werden, können wir es im Orga-Team nicht leisten, die Auswahl der ausgelegten Bücher zu kuratieren. Daher vertrauen wir darauf, dass die Verlage die Buchauswahl an ihren Ständen im Sinne der Messe auswählen.

Wer wir sind

Durch unsere jeweiligen Lebensgeschichten und unsere von Geschlecht, Gesundheit, race, Geburtsort, sozio-ökonomischen Hintergrund sowie vielem mehr geprägten körperlichen und sozialen Erfahrungen prägen unsere Sicht auf die Welt. Sie bringen uns dazu Dinge unterschiedlich wahrzunehmen und setzen Grenzen für das, was wir spüren und verstehen können. Auch die Buchmesse wird also durch unsere persönlichen Lebenserfahrungen geprägt werden. Deshalb hier in paar Worte dazu, wer wir sind und wo wir herkommen:

Im Orga-Team sind wir eine nicht-binäre und drei cis-weibliche queere Feminist*innen, die sich zusammengetan haben, um die Messe als Raum zu schaffen, in dem verschiedene Perspektiven sich begegnen können. Da sich unsere gesellschaftlichen Positionen und damit zusammenhängende Erfahrungen in manchen Punkten sehr ähnlich sind (z.B. sind wir alle weiß und in einer überwiegend weißen und deutschsprachigen, großstädtischen linken Szene politisiert), sind wir bemüht in den Prozess möglichst viele weitere Personen einzubinden. Insbesondere inhaltliche Fragen in Bezug auf die Ausrichtung und die Themenschwerpunkte diskutieren wir in größeren (FLINTA*-only) Runden. Hier sind Personen beteiligt, die auf verschiedene Weise feministisch in der Buchbranche engagiert sind. Für Feedback, Austausch und Mitarbeit sind wir immer dankbar und erreichbar unter febume@riseup.net.

Unser Dank geht schon jetzt an den Narrativ e.V., dessen Räume im Aquarium wir für die Messe nutzen dürfen, an den Asta der TU Berlin und das Netzwerk Selbsthilfe, die uns mit einer Geldspende unterstützt, an unsere Grafikerin, das b-aware Kollektiv für Awareness-Konzept & Struktur und an alle, die an unseren Workshops teilgenommen haben und teilnehmen und sich an ihren Wochenenden Zeit dafür nehmen, unseren Arbeitsprozess kritisch zu begleiten.

Aktualisiert am 26.03.2024